Ein anderer Blick auf die „Digitale Bildung“ (Teil II)

Sieben bereits eingetretene Nebenwirkungen der Digitalisierung

Wir haben es heute mit Schülern zu tun, deren Prägung schon als Kleinkind durch das Smartphone erfolgt, bedingt durch das Nutzerverhalten der Eltern. Das führt zu negativen, irreversiblen Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung, das wissen wir gesichert aus der Neurobiologie. Schüler, deren sinnliche Erfahrungen auf das Bildschirm-Wischen reduziert sind, werden der Natur entfremdet und schon früh auf den Konsum konditioniert. Es gibt inzwischen schon eine Vielzahl messbarer, negativer Wirkungen der Digitalisierung, denen sich die Erziehungsinstitutionen stellen müssen.

Erstens: Rückgang des Lesens.

Das Lesen geht zurück: 1992 haben noch 50 Prozent aller Eltern ihren Kindern vorgelesen, 2007 waren es nur noch 25 Prozent. Der Anteil der Nichtleser unter Kindern, die nie ein Buch in die Hand nahmen, hat sich nahezu vervierfacht: er lag 2005 bei 7 Prozent, 2007 schon bei 17 Prozent, 2014 bereits bei 25 Prozent. Die Schule ist für viele Kinder noch der einzige Ort, an dem sie für das Lesen von Büchern begeistert werden können.

Zweitens: Hemmung der Sprachentwicklung.

Die virtuelle Kommunikation über Facebook oder Whatsapp hemmt die Sprachentwicklung. Vor allem bei Kindern hat das Spielen, Lernen und Kommunizieren über den Bildschirm negative Auswirkungen, weil das Hören vom Sprecher getrennt ist, von der dazugehörigen Körpersprache, getrennt vom Situationskontext, von Mimik, Tonfall, Doppeldeutigkeit, Ironie, Wärme, Kälte. Eine neue US-Studie, 2017 auf dem Kongress der US-Kinderärzte vorgestellt, weist die Hemmung der Sprachentwicklung in Abhängigkeit von der zeitlichen Nutzung nach.

Drittens: Vereinsamung und soziale Isolation.

Die soziale Interaktion von Kindern ist von 1987 bis 2007 von 6 Stunden auf 2 Stunden täglich gefallen, während die Nutzungszeit elektronischer Medien von 4 auf 8 Stunden gestiegen ist, und sie wächst v.a. durch die Smartphones weiter an. Mit einer überraschenden Folge: Die sozialen Medien führen als Folge der Virtualisierung zur Vereinsamung, das weisen neue Studien nach. Die Stuttgarter Zeitung (StZ 13. 3. 2017) berichtete über eine US-Studie: „Mit sozialen Medien ins soziale Abseits. Die Intensive Nutzung von Facebook & Co. geht bei vielen mit dem Gefühl von Einsamkeit und Isolation einher. Je mehr Zeit junge Erwachsene in sozialen Medien verbringen, umso eher fühlen sie sich einsam.“

Viertens: Verlust der Fähigkeit zur Empathie.

Die Studie der US-Psychologin Sara Konrath ergab, dass die heutigen College-Studenten nicht so mitfühlend (emphatisch) sind wie die der 1980 und 90er Jahre. Die Analyse von Daten zur Empathie von fast 14 000 College-Studenten über die letzten 30 Jahre zeigte, dass heutige College-Jugendliche etwa 40 Prozent weniger Empathie haben als ihre Pendants vor 20 oder 30 Jahren.

Fünftens: Aufmerksamkeitsstörungen.

Die digitalen Medien kannibalisieren die Zeit. Um alle scheinbar notwendigen Aufgaben bewältigen zu können, ist der Ausweg Multitasking, d.h. Hausaufgaben machen, nebenher twittern, mailen, WhatsApp beantworten, liken, Musik hören. Der Mensch ist aber nicht Multitaskingfähig. Die Fähigkeit, sich auf eine Sache konzentrieren zu können, in sie zu versinken, ist eine elementare Voraussetzung für erfolgreiches Lernen. Multitasking dagegen ist ein Antrainieren von Aufmerksamkeitsstörungen. Nach einer Studie des Smartphone-Herstellers Nokia nutzen junge Menschen täglich bis zu 150 Mal ihr Smartphone, d.h. im Durchschnitt wird eine Tätigkeit alle 6 Minuten unterbrochen. Dieses Leben im Unterbrechungsmodus, der einen produktiven Flow verhindert, beschreibt Prof. Markowetz (Uni Bonn) in seinem Buch „Digitaler Burnout“, dies führe zu „kollektiven Funktionsstörungen“ und zum Burn-Out.

Sechstens: Sucht.

Der Psychiater und Medientherapeut Bert te Wildt bezeichnet in seinem Buch „Digitale Junkies“ das Smartphone als Suchtmittel und Einstiegsdroge. Nach einer neuen DAK-Studie erfüllen 8,4 Prozent der männlichen Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter zwischen 12 bis 25 Jahren die Kriterien für eine Abhängigkeit nach der sogenannten „Internet Gaming Disorder Scale“. Das sind epidemische Ausmaße. Hochgerechnet auf die 10 bis 29-Jährigen sind das über 1,5 Millionen Süchtige in Deutschland. Weil Internet – und Spielsucht dramatisch anwachsen, schlug das Deutsche Ärzteblatt im Dezember 2016 Alarm. Man wisse inzwischen, dass die Internetabhängigkeit „häufig mit Suizidgedanken, Depressionen, Aufmerksamkeitsdefizit- Hyperaktivitätssyndrom (ADHS), Autismus, Aggressivität, Devianz und substanzbezogenen Suchterkrankungen einhergehen kann.“

Siebtens: Kopfschmerzen und Schlafstörungen.

Der rasante Anstieg von Kopfschmerzen und Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen steht in Korrelation zur Nutzung digitaler Medien. Die DAK-Studie 2016 ergab, dass Konzentrationsschwäche, Verhaltensauffälligkeiten, Bewegungsdefizite und damit einhergehende gesundheitliche Probleme bei Grundschülern in den letzten zehn Jahren stark zugenommen haben. 91 Prozent der befragten Lehrkräfte bezeichnen als Ursache dafür die mediale Reizüberflutung. Dazuhin ist WLAN eine zelltoxische Frequenz. Mehr als 60 Studien in der WHO-Referenzdatenbank weisen nach, dass die WLAN-Strahlenbelastung zu kognitiven Störungen, Kopfschmerzen, Spermienschädigungen bis hin zu Krebsrisiken führt. WLAN-Netze gehören deshalb in keine Schule.

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