Wissenschaftliche Studie zu Kindern und Handystrahlung

Sieben renommierte Experten unter Leitung von Prof. Linda Birnbaum, der ehemaligen Direktorin des US-amerikanischen National Toxicology Program (NTP) und des National Institute for Environmental Health (NIEHS), legen mit dieser Studie zum ersten Mal einen umfassenden Überblick über die Forschungsergebnisse zu Auswirkungen von Mobilfunkstrahlung auf Fortpflanzung, Schwangerschaft und Kinder vor. Sie fordern Mediziner auf, die Strahlenbelastung in der Familie im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen von Kindern zu berücksichtigen.

Drahtlose Technologien, nicht-ionisierende elektromagnetische Felder und Kinder: Gesundheitsrisiken erkennen und reduzieren

Devra Davis, PhD, MPH, Linda Birnbaum, PhD, Paul Ben-lshai, PhD, Hugh Taylor, MD, Meg Sears, MEng, PhD, Tom Butler, PhD, MSc, and Theodora Scarato, MSW

Zusammenfassung (dt.)

Kinder leben heute ab ihrer Zeugung in einem Meer drahtloser Strahlung, das es bei der Geburt ihrer Eltern noch nicht gab. Das digitale Zeitalter erweitert die globale Kommunikation und die Möglichkeiten, auf Notsituationen zu reagieren. Während diese zunehmend allgegenwärtige Technologie weiterhin die Art des Handels, der Medizin, des Verkehrs und des modernen Lebens insgesamt verändert, wurden ihre vielfältigen und sich verändernden Formen nicht auf ihre biologischen oder ökologischen Auswirkungen untersucht. Standards zur Bewertung der Strahlung zahlreicher kabelloser Geräte wurden erstmals 1996 festgelegt, um eine Erwärmung von Gewebe zu vermeiden, und sind seitdem in den USA und vielen anderen Ländern unverändert geblieben. Eine breite Palette von Beweisen weist darauf hin, dass es nicht-thermische Auswirkungen von kabelloser Strahlung auf Fortpflanzung, Entwicklung und chronische Krankheiten gibt. Viele weit verbreitete Geräte wie Mobiltelefone und Tablets fungieren als bidirektionale Mikrowellenfunkgeräte, die verschiedene Frequenzen informationstragender Mikrowellenstrahlung auf mehreren gleichzeitig betriebenen Antennen senden und empfangen.

Expertengruppen, die Regierungen in dieser Angelegenheit beraten, sind sich nicht einig über die besten Vorgehensweisen. Die American Academy of Pediatrics (AAP) empfiehlt eine begrenzte Bildschirmzeit für Kinder unter zwei Jahren, aber mehr als die Hälfte aller Kleinkinder nutzen regelmäßig Bildschirme, oft ohne elterliche Betreuung. Kleine Kinder von Eltern, die häufig Geräte als eine Form der Kinderbetreuung nutzen, haben Verzögerungen beim Spracherwerb, können Bindungsstörungen erleben, während ältere Kinder von Gefühlen der Enttäuschung aufgrund von „Technoferenz“ berichten – wenn Eltern durch Technologie abgelenkt sind. Kinder, die früh im Leben mit der Verwendung von Geräten beginnen, können sozial, psychisch und körperlich von der Technologie abhängig werden und Entzugssymptome erleben, wenn man sie ihnen wegnimmt. Wir geben einen Überblick über relevante experimentelle, epidemiologische und klinische Beweise zu biologischen und anderen Auswirkungen der derzeit verwendeten kabellosen Technologie, einschließlich der Empfehlung, Schlüsselfragen in pädiatrischen Gesundheitsuntersuchungen vom Säuglingsalter bis zum jungen Erwachsenenalter einzubeziehen.

Wir kommen zu dem Schluss, dass im Einklang mit den Ratschlägen in der pädiatrischen Radiologie ein Ansatz sinnvoll und umsichtig erscheint, der empfiehlt, dass die Mikrowellenstrahlungsbelastung so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar (ALARA) sein sollte. Auch sollte ein unabhängig finanziertes Schulungs-, Forschungs- und Überwachungsprogrammdurchgeführt werden, das sich mit langfristigen physischen und psychischen Auswirkungen eines sich schnell ändernden technologischen Milieus befasst, einschließlich der Möglichkeiten zur Minderung der Auswirkungen durch Modifikationen von Hardware und Software. Das aktuelle Wissen über Elektrohypersensibilität zeigt, wie wichtig es ist, die Exposition gegenüber drahtlosen Geräten zu reduzieren, insbesondere in Schulen und Einrichtungen des Gesundheitswesens.

Studie (deutsch, als PDF): Drahtlose Technologien, nicht-ionisierende elektromagnetische Felder und Kinder

Originalstudie (englisch)

Davis D, Birnbaum L, Ben-Ishai P, Taylor H, Sears M, Butler T, Scarato T.

Wireless technologies, non-ionizing electromagnetic fields and children: Identifying and reducing health risks. Curr Probl Pediatr Adolesc Health Care 2023; 53 (2): 101374. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36935315/

Abstract

Children today are conceived and live in a sea of wireless radiation that did not exist when their parents were born. The launch of the digital age continues to transform the capacity to respond to emergencies and extend global communications. At the same time that this increasingly ubiquitous technology continues to alter the nature of commerce, medicine, transport and modern life overall, its varied and changing forms have not been evaluated for their biological or environmental impacts. Standards for evaluating radiation from numerous wireless devices were first set in 1996 to avoid heating tissue and remain unchanged since then in the U.S. and many other nations. A wide range of evidence indicates that there are numerous non-thermal effects from wireless radiation on reproduction, development, and chronic illness. Many widely used devices such as phones and tablets function as two-way microwave radios, sending and receiving various frequencies of information-carrying microwave radiation on multiple simultaneously operating antennas.

Expert groups advising governments on this matter do not agree on the best approaches to be taken. The American Academy of Pediatrics recommends limited screen time for children under the age of two, but more than half of all toddlers regularly have contact with screens, often without parental engagement. Young children of parents who frequently use devices as a form of childcare can experience delays in speech acquisition and bonding, while older children report feelings of disappointment due to ‚technoference‘-parental distraction due to technology. Children who begin using devices early in life can become socially, psychologically and physically addicted to the technology and experience withdrawal upon cessation. We review relevant experimental, epidemiological and clinical evidence on biological and other impacts of currently used wireless technology, including advice to include key questions at pediatric wellness checkups from infancy to young adulthood.

We conclude that consistent with advice in pediatric radiology, an approach that recommends that microwave radiation exposures be As Low As Reasonably Achievable (ALARA) seems sensible and prudent, and that an independently-funded training, research and monitoring program should be carried out on the long term physical and psychological impacts of rapidly changing technological milieu, including ways to mitigate impacts through modifications in hardware and software. Current knowledge of electrohypersensitivity indicates the importance of reducing wireless exposures especially in schools and health care settings.