Das Bündnis für humane Bildung

Das „Bündnis für humane Bildung – aufwach(s)en mit digitalen Medien“ ist ein Zusammenschluss von Bürgerinnen und Bürgern, die sich für eine humane und demokratische Bildung in allen öffentlichen Bildungseinrichtungen einsetzen. Wir treten dafür ein, dass alle Kinder und Jugendlichen in den Schulen persönlich unterrichtet und betreut werden, unabhängig von Sozialstatus und Finanzkraft der Eltern. Denn was sich hinter Begriffen wie „digitale Bildung oder „digitaler Unterricht“ verbirgt, sind keine pädagogischen Konzepte für den Einsatz von Medien(-technik) im Unterricht, sondern technische Konzepte für die Automatisierung, Standardisierung und Kontrolle von Unterricht.

Dabei ist bekannt: Alle Versuche der Automatisierung und Standardisierung von Unterricht und Lernprozessen sind gescheitert. (1) Der „Aktionsrat Bildung“ hat im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaften (vbw) dazu ein Gutachten erstellt. Dort hieß es auf Seite 78 zuerst, dass Grundschüler/innen, „in deren Unterricht mindestens einmal wöchentlich Computer eingesetzt wurden, in den den Domänen Mathematik und Naturwissenschaften statistisch signifikant höhere Kompetenzen aufweisen“ würden. Bloß: In der zitierten Studie TIMMS (Trends in International Mathematics and Science Study) steht exakt das Gegenteil! Bei mehr Computereinsatz im Unterricht haben die Schüler statistisch signifikant niedrigere Kompetenzen in Mathematik und Naturwissenschaften. (2) Das würde aber, so vbw und die beteiligten Wissenschaftler, nichts daran ändern, dass Schulen weiter und schneller digitalisiert werden müssten. (3)

Bündnis für humane Bildung; Projekt: aufwach-s-en mit digitalen Medien

Das ist das durchgängige Muster: Studien belegen regelmäßig, dass Digital- und Medientechnik keinen Nutzen bringen (siehe „Offenen Brief an die Kultusminister: Irrweg der Bildungspolitik„). Wirtschaftsverbände und IT-Wirtschaft fordern unisono mit den Kultusministern trotzdem immer mehr Technik, die immer früher in Schulen eingesetzt werden solle. Ohne Differenzierung. In einem (mittlerweile zurückgezogenen) Eckpunktepapier liest sich das so: Nicht näher benannte „digitale Möglichkeiten“ könnten effektiv für die Bildungs- und Erziehungsarbeit genutzt werden, wenn „die Kompetenzen in der digitalen Welt bei den Schülerinnen und Schüler in allen Schulstufen und Schulformen und in allen Unterrichtsfächern systematisch gefördert und aufgebaut“ würden. („DigitalPakt Schule von Bund und Ländern. Gemeinsame Erklärung“, Juni 2017, S. 2)

Ob Grund- oder Berufsschule, egal welches Fach – das Mantra der Digitalisierung gilt.

Dahinter stehen Wirtschaftsinteressen – und der Versuch, bereits Schulen für die Ausbildung für bestimmte Berufe zu instrumentalisieren (Stichworte: Verkürzung auf MINT-Fächer, Aufbau einer Testindustrie (PISA, TIMMS & Co.),  Kompetenzorientierung statt Fachlichkeit usw.).

Die Qualität von Schule und Unterricht hängt aber immer von qualifizierten Lehrkräften ab. Das belegen Historie wie aktuelle Studien. Unsere Forderungen an die Politik sind daher:

  • Stärken Sie die Schulen darum durch Investitionen in Personal und Betreuungsmöglichkeiten (Lehrkräfte, Mentoren, Tutoren).
  • Stärken Sie die Schulen durch möglichst große Autonomie und Entscheidungsfreiheit vor Ort.
  • Vertrauen Sie studierten Lehrkräften statt Technikverkäufern.

Schulen sind der Ort, an dem die Basis gelegt wird für die zukünftige Gesellschaft, kein Geschäftsfeld. Wir alle müssen dafür sorgen, dass Schulen weiterhin humanistische Werte vertreten statt Strukturen zu schaffen, die den Menschen digital vermessen und per Algorithmus, App und Web steuern.


1 Claus Pias: Eine kurze Geschichte der Unterrichtsmaschinen, in: FAZ vom 10.12.2013
2 Gutachten (korrigierte Version vom 16. 5. 2017) des „Aktionsrat Bildung“ der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW): „Bildung 2030 – Veränderte Welt. Fragen an die Bildungspolitik“. http://www.aktionsrat-bildung.de/fileadmin/Dokumente/ARB_Gutachten_gesamt_16.05.2017.pdf
3 R. Lankau: Falsch zitiert und falsch gemeldet, http://futur-iii.de/2017/06/01/falsch-zitiert-und-falsch-gemeldet/