Petition Eliant und Bündnis für humane Bildung

Für ein Recht auf bildschirmfreie Kitas, Kindergärten und Grundschulen

Wir wollen erreichen, dass echte Wahlmöglichkeiten erhalten bleiben:

  • Kindergärten und Grundschulen müssen das Recht und die Freiheit haben, nur mit analogen Medien zu arbeiten. Bildschirmfreie Einrichtungen dürfen nicht vernachlässigt und weniger gut finanziert werden. Die Autonomie der Kindergärten und Schulen ist durch größtmögliche Entscheidungsfreiheit vor Ort zu stärken.
  • Öffentliche Gelder sind auch in die gute Ausbildung von Pädagogen und eine kindgerechte Gestaltung der Umgebung zu investieren. Pädagogen sollen selbst kompetente Nutzer werden, damit sie bei einer problematischen Mediennutzung Familien unterstützen können.
  • Es muss für Schulen und Eltern möglich bleiben, eine Form der Medienerziehung zu wählen, die sich an der kindlichen Entwicklung zu orientiert, z. B. analoge Methoden wie „CS unplugged“ (ein Lehrprogramm, das wesentliche Funktionen aus der Informatik ohne Computer vermittelt). Grundlegende Elemente der Informatik wie das analytische Denken (Schachspiel!) lassen sich auch vor dem 12. Lebensjahr vermitteln. Danach kann die Beschäftigung mit der prinzipiellen Funktionsweise von Informationstechnologie komplexer werden, etwa für Interessierte durch eine Einführung in Programmiersprachen (AG o. ä.).
  • Hard- und Software kommen erst umfassend in der Oberstufe zum Einsatz (Medienkunde, -gestaltung, -nutzung und -analyse). Denn Jugendliche sind dann aus entwicklungspsychologischer Sicht eher den intellektuellen Anforderungen der Technologie gewachsen. Digitale Werkzeuge sollten dabei sinnvoll in ein pädagogisches Konzept eingebunden sein. Schwerpunkt muss immer sein, die digitalen Medien aktiv zu nutzen, z. B. Videos schneiden, Websites gestalten oder Online-Texte schreiben.
  • Zu berücksichtigen sind Forschungsergebnisse zu Auswirkungen gepulster, polarisierter Mikrowellenstrahlung, die von WLAN-Routern, Smartphones und Tablets emittiert wird. Die Forschungslage zu den gesundheitlichen Risiken elektromagnetischer WLAN-Felder (bei 2450 MHz) ist eindeutig. Es gibt keinen Grund dafür, Kindergärten und Schulen mit WLAN-Anschlüssen auszustatten und Heranwachsende dieser vermeidbaren Gefährdung auszusetzen. Es muss die Wahlmöglichkeit bestehen bleiben, Schulen technisch nur über Kabel und/oder VLC ans Internet anzuschliessen. (1)

1 Vgl. Wilke, Isabel (2018): „Biologische und pathologische Wirkungen der Strahlung von 2,45 GHz auf Zellen, Fruchtbarkeit, Gehirn und Verhalten“, in: umwelt-medizin-gesellschaft 1/2018. Wilke analysiert mehr als 100 Studien, die die Gesundheits-schädlichkeit von WLAN nachweisen.

Warum halten wir diese Petition und eine Bürgerbewegung für humane Bildung für notwendig?

Das „Bündnis für humane Bildung“ (http://aufwach-s-en.de/) und ELIANT (www.eliant.eu) haben sich zusammengeschlossen, um diese Petition auf den Weg zu bringen. Warum sagen wir gemeinsam „Stopp“ zu einer Form der Digitalisierung, wie sie gerade scheinbar unaufhaltsam in Kindergarten und Schule abläuft?

Gerade im beginnenden digitalen Zeitalter muss sich Pädagogik am Menschen orientieren. Dazu ist es zunächst notwendig, dass Kinder in der Grundschule die klassischen Kulturtechniken erlernen: Lesen, Schreiben und Rechnen. Sie sind die Grundlage für alle weiteren Bildungsschritte, inklusive des kompetenten Umgangs mit digitalen Medien. Für die Gehirnentwicklung ist es dabei wichtig, dass Lesen und Schreiben mit analogen Methoden unterrichtet werden (Papier, Buch und Stift). Mit der Tastatur sollten Schüler erst in späteren Klassen arbeiten.

So trägt eine altersgerechte humane Bildung dazu bei, dass die späteren Erwachsenen Freiräume für sich selbst nutzen, die ihnen moderne Technologie verschafft. Diese neue gewonnene Freiheit darf nicht an die zunehmend dominante Digital-Technik verloren gehen.

Ganz klar gilt:

Wer eine intelligente Technik beherrschen will, muss vorher seine eigene Intelligenz entwickelt haben, um nicht von der Technik abhängig zu werden.

Diese Haltung entspricht alten europäischen Bildungsidealen, die das freie selbstbestimmte Individuum in den Mittelpunkt rücken. Wann und wie entfaltet sich dieser Prozess der Individuation vollständig? Ungefähr ab dem zwölften Lebensjahr beginnt eine entscheidende Phase der Gehirnentwicklung, die insbesondere wichtig für die emotionale Reifung ist. Das Stirnhirn ist für Urteilsbildung und Impulshemmung zuständig, seine Schritte der Reifung erfolgen dann weiter in der gesamten Jugendzeit. Etwa ab dem 16. Lebensjahr sind grundlegende Umstrukturierungen im Gehirn so weit abgeschlossen, dass bereits ein großer Teil der erwachsenen Urteilsfähigkeit zur Verfügung steht: Das eigenständige Denken und das selbstverantwortliche Handeln sind so weit ausgereift, dass die eigene Unabhängigkeit erprobt werden kann – auch in digitalen Welten, in denen negative Konsequenzen des Handelns oft erst mit langer zeitlicher Verzögerung auftreten. Daher hat der Gesetzgeber zum Beispiel ein Mindestalter für das Recht festgelegt, zur Wahl zu gehen oder den Führerschein zu machen. In dieser sensiblen Zeit der Gehirnreifung ist es sinnvoll und notwendig, den altersangemessenen Umgang mit den digitalen Informationstechnologien theoretisch und praktisch zu realisieren.

Ziel: Medienmündigkeit

Im Umgang mit Medien zeigt sich dieses selbstverantwortliche Handeln in einer ausgeprägten Medienmündigkeit: Sie bezieht sich auf alle digitalen und analogen Medien. Paula Bleckmann beschreibt dieses Konzept der Medienmüdigkeit: „Medienmündig werden bedeutet zuallererst, nicht die Kontrolle über unsere kostbare Lebenszeit zu verlieren. (S. 14) … Wir wollen unser Kinder nicht zu technisch versierten Maschinensklaven, sondern zu selbstbestimmten Menschen erziehen, die selbst über Ausmaß und Art ihrer Mediennutzung entscheiden können (S. 34)“ (2)

Was kann ein Hindernis auf diesem wichtigen Weg der Individuation sein? Ein Bild soll das verdeutlichen: Menschen sind nicht in der Lage, durch Motorradfahren ihre Muskulatur zu trainieren. Genauso wenig sind intelligente Techniken geeignet, das Denken zu trainieren. Denn: Ein eigenständiges Denken entwickelt sich nicht im Kontext intelligenter Software, die nach klar vorgegebenen Funktionsregeln funktioniert. Sie lässt auch keinen Raum für originär-kreative Prozesse, weil sie im Sinne des Behaviorismus in vielen Fällen eher Konditionierungsprozesse auslöst (kleinteiliges Feedback, verbunden mit „instant gratifcation“, die zu einer Korrumpierung intrinsischer Motivation führen kann). (3)


2 Bleckmann, P. (2012): „Medienmündig – wie unsere Kinder selbstbestimmt mit dem Bildschirm umgehen lernen“, Klett-Cotta, Stuttgart
3 Eine ausführliche Darstellung findet sich bei Lembke, Gerald / Leipner, Ingo (2015): „Die Lüge der digitalen Bildung“, Redline, München.


Kritik der digitalen Verblendung

Warum engagiert sich das „Bündnis für humane Bildung“ für diese Petition?

Wir brauchen eine humane Bildung – statt einer Dominanz der Digital-Technik: in Kindergärten, Schulen und Hochschulen.

Viele Vertreter aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft predigen: Das Digitale sei „alternativlos“. Ohne „digitale Bildung“ drohe Deutschland abgehängt zu werden; unser Land werde international zum Verlierer. Doch kein Mensch lernt digital. Kein Weg ist „alternativlos“. Wir sind überzeugt: Bildung lässt sich nicht digitalisieren, höchstens die Lerninhalte. Daher haben wir im Jahr 2017 das „Bündnis für humane Bildung“ gegründet, um zukunftsfähige Alternativen zur „digital gesteuerten Lernfabrik 4.0“ zu entwickeln.

Chance auf eine demokratische Zukunft

Unsere Forderung: Die Bildungspolitik braucht einen neuen Kurs. Statt der einseitigen Fixierung auf Digital-Technik muss der Mensch wieder im Mittelpunkt stehen. Mit der Vielfalt seiner Lern- und Bildungsprozesse. Geben wir unseren Kindern eine Chance auf eine humane und demokratische Zukunft. Alternativen gibt es immer – auch und gerade zum digitalen Hype der Gegenwart.

Weiterführende Texte beim „Bündnis für humane Bildung“ (Auswahl):