Kommt nach der „Industrie 4.0“ nun die „Bildung 4.0“?

Das könnte die Zukunft des Lernens sein: Ab 2036 werden Eltern einen virtuellen Lehrer bereits für ihre fünfjährigen Kinder abonnieren. Die Stimme des Computers wird uns durchs Leben begleiten, vom Kindergarten über Schule und Universität bis zur beruflichen Weiterbildung. Der Computer erkennt, was ein Schüler schon kann oder wo Nachholbedarf besteht. Wir werden uns als lernende Menschen neu erfinden … Solche und andere Dystopien über unser künftiges Leben und Lernen kann man etwa bei Fritz Breithaupt und seiner „Talking Method“ nachlesen. Doch: wollen wir so etwas?

Richtig ist: Digitaltechnik ist ein Teil unserer Lebenswirklichkeit. Aber Geräte und Medienbedienkompetenz sind vorhanden, sogar schon bei Kindern. Was fehlt, ist Medienmündigkeit. Wer den Begriff der Digitalisierung auf Bildungseinrichtungen und Lernprozesse überträgt und in Analogie zu „Industrie 4.0“ von „Bildung 4.0“spricht, verkennt, dass technische Metaphern für soziale und individuelle Prozesse ungeeignet sind. Kein Mensch lernt digital. Bildung ist an das Individuum und sein Bewusstsein gebunden, nicht an Digitaltechnik. Zu überlegen ist allerdings, ob und gegebenenfalls welche digitalen Medien im Unterricht altersangemessen und didaktisch sinnvoll eingesetzt werden können.

Zwei Beispiele aus der aktuellen Bildungs- und Wirtschaftspolitik zeigen, mit welchen Mitteln und Argumenten Politiker und Wirtschaftsvertreter digitalen Medien im Unterricht den Weg ebnen wollen. Es handelt sich um den – inzwischen suspendierten – Digitalpakt des Bundesbildungsministeriums (BMBF) und um das Gutachten „Bildung 2030“ – Veränderte Welt. Fragen an die Bildungspolitik“ von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw).

Kommt nach der „Industrie 4.0“ nun die „Bildung 4.0“?, Oktober 2017,
in: Zukunftsmotor 2-2017, S. 24-27: Der Beitrag als PDF: Denkfehler „Bildung 4.0“ (Zukunftsmotor). Das Heft als PDF: Kommt nach der „Industrie 4.0“ nun die „Bildung 4.0“?