Die Frage der Woche der Bayerischen Staatszeitung beantworten Nina Brandau (Branchenverband Bitkom) und Peter Hensinger (diagnose:funk)
Mit JA antwortet Nina Brandau, Referentin für Bildungspolitik beim Digitalverband Bitkom. Von WLAN gingen keine Gesundheitsrisiken aus. Mit NEIN antwortet Peter Hensinger, Vorsitzender der Verbraucherorganisation Diagnose:Funk. Er hält die Gesundheitsgefahren von WLAN für bewiesen. Unterricht an digitalen Medien sollte v.a. verkabelt stattfinden, wenn mobil, dann über Infrarot / LiFi – Technologien.
Bayerische Staatszeitung: Frage der Woche: Sollen Schulen mit WLAN ausgestattet werden?
Dokumente und Links bei Diagnose Funk: Dokumente zu den Argumenten von diagnose:funk
Dazu muss man wissen: Bitkom ist ein Interessenverband der Digitalwirtschaft und setzt sich mit „großem Nachdruck für die Digitalisierung von Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung“ und den „beschleunigten Ausbau von Gigabitnetzen und digitalen Infrastrukturen“ ein. (BitKom: Über uns) Schulen sind aus Sicht der IT-Wirtschaft nur ein weiteres Geschäftsfeld, obwohl weder Nutzen noch Mehrwert von digitalen Medien im Unterricht belegt seien (so der Prorektor Lehre der PH Wien in einem Streitgespräch 2018). Aber Endgeräte gehörten nun mal zur Lebenswirklichkeit der jungen Menschen heute.
Und es ist ein Riesengeschäft. Zu den 5.5. Mrd. Euro aus dem Digitalpakt Schule kommen laut McKinsey-Analyse (FAZ vom 19.6.2020) mindestens weitere 6 Mrd. Euro für Endgeräte für Lehrkräfte und Lernende. Laut Pressemeldung der INSM (Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft) zum Bildungsmonitor 2020 werden mindestens 20.000 IT-Stellen für den Support der IT-Infrastruktur und 2 Mrd. Euro notwendig. Jährlich.
Laut GEW-Studie „Bildung.Weiter.Denken. Mehrbedarfe für eine adäquate digitale Ausstattung der berufsbildenden Schulen im Lichte des Digitalpakts“ von Roman George und Ansgar Klinger liegen die tatsächlichen jährlichen Kosten für Allgemeinbildende und Berufsschulen sogar bei jährlich 21,025 Mrd. Euro (Seite 4) und 25 bis 36 Tausend IT-Stellen, je nachdem, wie viele Endgeräte ein Tecniker betreuen soll. Solche regelmäßigen Einnahmen, zumal sie bei öffentlichen Schulen die Solidargemeinschaft der Steuerzahler/innen aufbringen muss, lässt sich kein Wirtschaftszweig entgehen. „Follow the money“ heißt es in Amerika und man weiß, wer hier seine Interessen durchsetzt. Ob der technische und finanzielle Aufwand pädagogisch sinnvoll ist, stellt sich bei solchen finanziellen Volumina gar nicht mehr. „It’s economy, stupid.“ (Bill Clinton)
Nebenbei: „Digitaler Unterricht“ ist bereits sprachlich Nonsens. Zum Unterrichten gehören sprachlogisch immer Lehrende und Lernende, also Personen. Wir haben auch kein „digitales Zeitalter“, sondern ein technologisches (Digitaltechnik ist ein Teilsegment) und keine „digitale“ , sondern eine hoffentlich demokratische und humane Zukunft. Aber Lobby-Arbeit beginnt oft mit dem fehlerhaften Gebrauch von Begriffen, um Menschen an deren falsche Benutzung zu gewöhnen, bis sie nicht mehr hinterfragt werden. Ach ja: Der Renovierungsstau bei Schulen liegt bei über 35 Mrd. Euro. Und es fehlen qualifizierte Lehrkräfte, im fünfstelligen Bereich. Aber für Informationstechnik und IT-Stellen stehen Millardenbeträge zur Verfügung.
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